Volksmusik Kulturträger ersten Ranges

(Kreisanzeiger für St.Wendel, 31.07.1957)

Man soll die Feste feiern wie sie fallen, sagt ein bekannter Ausspruch, auch wenn es der Wettergott nicht immer gut meint. Unter diesem Aspekt begann das 30-jährige Stiftungsfest des Wander- und Mandolinenvereins "Frisch Auf" am vergangenen Samstagabend.

Es war nur eine kleine Pause, die der traditionelle Urexweiler Festregen machte als der Verein sich anschickte, vom "Gasthaus zur Linde" aus unter Vorantritt des hiesigen Musikvereins "Harmonie" zum Kommers in das große Festzelt an der Marpinger Straße zu marschieren. Kaum dort angekommen, prasselte der Regen nieder auf das Tuchdach des Zeltes, dass es nur so rauschte. Das war der Auftakt zum Vereinsjubiläum der Urexweiler Zupfmusiker.

Das Festzelt hatte sich trotz der Ungunst der Witterung zu drei Vierteln gefüllt als das Mandolinenorchester des festgebenden Vereins mit dem Marsch "Gruß von der Saar" das Festprogramm eröffnete. Ihm folgte der Festprolog, vorgetragen von Frau Magda Kessler.

Toni Schirra, der Vorsitzende des Vereins, begrüßte die Gäste, insbesondere Staatskommissar Eisemann, Bürgermeister und Festprotektor Recktenwald mit den Gemeindevertretern, den Kreisvorsitzenden des Kreisverbandes St.Wendel, Helmuth Kuhn, Kastel, Schuldirektor Riotte, das Mandolinenorchester St.Ingbert und die Mitglieder, die nun schon 30 Jahre dem Verein die Treue bewahrt haben. Er wünschte allen Gästen frohe und heitere Stunden. Nach der Fest-Ouvertüre, vorgetragen vom Mandolinenorchester St.Ingbert, erfolgte die Festansprache des Ehrenpräsidenten und Vorsitzenden des Festausschusses, Josef Holzer.

Darin betonte Holzer, dass es ein St.Ingberter Mitglied war, das den Jubilarverein Urexweiler aus der Taufe gehoben hat. Große Schwierigkeiten waren zu überwinden, da kein Zuschuss zu erwarten war, so dass sich der Verein mit eigener Kraft vorwärtsarbeiten musste. Aus dem vorerst kleinen Verein wurde aber mit der Zeit ein recht ansehnlicher.

Liebe zur Musik, Freude am Wandern und Pflege der Geselligkeit waren Eigenschaften, die die Mitglieder des Vereins beseelten. Schöne Fahrten an Rhein, Main und Mosel und Wanderungen durch die nähere Heimat wurden viele unternommen. An die Jugend richtete Holzer einen Appell, in die Reihen der Volksmusiker einzutreten. Im Kreise der Zupfmusiker ist die Jugend immer in guten Händen.

Das Mandolinenorchester St.Ingbert verschönerte durch seine meisterhaft vorgetragenen Aufführungen den Abend. Sodann nahm der Protektor, Bürgermeister Recktenwald, das Wort zu seiner Festansprache.

In seinen Ausführungen betonte er, dass ein 30-jähriges Jubiläum immer ein Ereignis in der Geschichte eines Dorfes sei. In seiner Eigenschaft als Bürgermeister und Protektor des Festes begrüßte er alle lieben Gäste aus nah und fern. Wenn auch der Regen draußen alle Register aufgezogen hätte, so könne das aber nicht abhalten, den Geburtstag des Vereins gebührend zu feiern.

Schauen wir zurück auf die 30-jährige Vereinsarbeit, so muss die alten Gründungsmitgliedern Wehmut und Rührung überkommen. Es war nicht immer leicht in den langen Jahren. Neid und Missgunst standen oft am Wege, die aber letzten Endes nicht vermochten, die Entwicklungs des Vereins aufzuhalten. Die Volksmusik ist heute wie damals ein Kulturträger ersten Ranges.

Wenn auch der Verein heute noch nicht die Form erreicht wie der Gastverein aus St.Ingbert, so wird er es doch durch Fleiß und Arbeit schaffen. Für das Wandern hat unsere technische Zeit leider kein Verständnis mehr. Und gerade heute ist es notwendiger denn je, unsere Jugend hinauszuführen in Gottes weite Natur. Unsere Jugend soll die Natur wieder kennenlernen und sie erleben. Dazu ist der Wander- und Mandolinenverein berufen, Pionierdienst zu leisten. Eine zweite Aufgabe ist dem Verein gestellt: Volksmusik und Volkslied ins Volk zu tragen.

Im Verfolg des weiteren auserlesenen Programms nahm auch der Kreisvorsitzende St.Wendel, Helmuth Kuhn aus Kastel, das Wort, um in eindringlichen Worten zu der Jugend zu sprechen. Helfen wir und unterstützen wir tatkräftig unsere Jugend auf ihrem Weg zur Volksmusik, damit wir helfen, ein kostbares Kulturgut der Menschheit zu erhalten. Halten wir unsere Jugend an, den Vereinen zur Pflege der Zupfmusik beizutreten. Wir erfüllen damit eine schöne Aufgabe.

Nach seiner kurzen Ansprache ehrte der Kreisvorsitzende die noch lebenden Gründer des Vereins und überreichte ihnen das Ehrenabzeichen mit dem Ehrendiplom. [...] Im Namen der Ausgezeichneten sprach Josef Mehle, Vorsitzender des Kreisverbandes St.Wendel, den Dank aus für die zuteil gewordene Ehrung. In markanten Worten begeisterte er die Jugend zur Unterstützung der hohen Ideale und zur Pflege der deutschen Volksmusik.

In der weiteren Bestreitung der Festfolge wechselten der Musikverein "Harmonie", Kirchenchor "Cäcilia", Gesangverein "Concordia" einander ab. Viel Auserlesenes bekamen die Festgäste von den Vereinen zu hören. Im Rahmen dieses kurzen Berichtes ist es uns nicht möglich, alle Darbietungen einzeln aufzuführen. Alle Vereine haben ihr bestes gegeben, den Festabend zu verschönern. Erwähnen möchten wir noch die mitwirkenden Vereine, die im Rahmen dieses Beitrages noch nicht Erwähnung gefunden haben. Die turnerischen Vorführungen des Turnvereins wurden mit großem Applaus begrüßt.

Der Sonntag als Hauptfesttag zog leider wieder trübe und regnerisch herauf. Schon hatte man wegen der Witterung den Festzug abgesagt, als gegen 13.30 Uhr die Sonne durch die Wolken brach und so derselbe noch programmgemäß durchgeführt werden konnte. Zwar war wegen des Wetters eine Anzahl Vereine nicht gekommen, trotzdem war es immer noch ein ansehnlicher Festzug, der sich unter Vorantritt des Spielmannszuges Marpingen und der Kapelle des Urexweiler Musikvereines nach dem Festzelt in Bewegung setzte.

Weiter war im Festzug die Kapelle des Kulturringes Steinbach bei Lebach vertreten. Im Festzelt wickelte sich im Verlaufe des Nachmittages ein buntes Programm ab. Trotz des Ausfalles auswärtiger Vereine und Gäste war das Festzelt überfüllt. Der erste Teil des Programmes ähnelte dem des Programmes des Vorabends. Nach den Begrüßungen ergriff der Kreisvorsitzende Helmut Kuhn das Wort und drückte seine Freude darüber aus, dass doch noch eine so große Anzahl auswärtiger Vereine erschienen war.

Bürgermeister Recktenwald richtete seine Worte vor allem an die auswärtigen Gäste, die er herzlich begrüßte. Dann meinte er, dass man Kultur nicht in Dosen den Menschen servieren könne. Eine schöne Aufgabe sei es, im Zeitalter der Technik den Menschen zur Natur zurückzuführen. Vor Überbewertung solle man sich hüten. Zum Schluss rief Bürgermeister Recktenwald alle zur Freude an der Musik auf, denn, so meinte er abschließend, "Was du ererbt von deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen."

(Kreisanzeiger für St.Wendel, 31.07.1957)