Urexweiler Beitrag zur deutsch-französischen Woche bemerkenswert und unaufgefordert

(Saarbrücker Zeitung, 31.10.1979)

Der Mandolinenverein Urexweiler unter der Leitung von Otto Kunz gastierte zusammen mit dem Jugendchor Niederlinxweiler im Salle Richelieu beim 1. Kürassierregiment St.Wendel. Die freundschaftlichen Bindungen zur französischen Garnison gehen zurück auf das Jahr 1973 als zum ersten mal die Urexweiler im Quartier Tritschler zu hören waren.

Die Verbindungen zur Garnison waren seither nicht abgebrochen und als im Frühsommer dieses Jahres die Offiziere des Regimentes einen ausgelassenen Sonntag mit ihren Familien an den Fischweihern von Toni Lambert in Urexweiler verlebten, erinnerte man sich des damaligen guten Echos des Konzertes und regte einen neuerlichen musikalischen Abend an. Während einer kleinen Vorbesprechnung fanden die musikalischen Vorstellungen der Vertreter des Urexweiler Mandolinenvereins die begeisterte Zustimmung des derzeitigen Kommandierenden der französischen Garnison, Oberst Pierrick Boquet.

Als Zeitpunkt wählte man den Beginn der deutsch-französischen Woche, um somit unaufgefordert aktiv am deutsch-französischen Kulturaustausch teilzunehmen. Der Abend sollte auch ein wenig darauf aufmerksam machen, dass sich Völkerverständigung nicht unbedingt nur auf der Ebene offizieller Empfänge, Konzerte, Ausstellungen und fabulierender Politiker abspielen muss.

Aber unsere Zeit liebt das Spektakuläre, das Gewaltige, und so mag es zu erklären sein, dass von den vielen persönlich eingeladenen Vertretern der Kommunen, der Stadt, des Kreises, der kulturellen Vereine einzig MdL Josef Schuh, Bliesen, dessen Begeisterung für die Zupfmusik und dessen freundschaftliche Bindung an den Urexweiler Verein schon legendär sind, mit seiner Familie den Weg nach St.Wendel gefunden hat.

Für die Beteiligten, 80 Musiker, war es eine etwas bittere Pille. Vermutlich werden sie rhethorischen Ergebenheitsadressen an die heimatlichen Kulturträger in Zukunft kritischer gegenüberstehen. Es wird auch notwendig sein, die Öffentlichkeitsarbeit, zumindest im Mandolinenverein, für das Jahr 1980 neu zu überdenken.

Und doch war der Abend ein Erfolg. Die anwesenden Soldaten, die Unteroffiziere, die Offiziere mit Frauen und Kindern waren begeistert von dem vielseitigen musikalischen Talent dieses Orchesters. Das Konzert in C-Dur für Flöte und Mandolinenorchester von John Baston mit Andreas Hinsberger als Solisten überraschte die meisten der französischen Gäste, denen gänzlich unbekannt war, wie reich das klassische Repertoire eines Mandolinenorchesters sein kann.

Die Sonate in C-Dur von J.G. Scheidler, meisterhaft gespielt von Franz-Rudolf Kunz und Thomas Thiel, hatte man als zweites klassisches Stück für diesen Abend ausgewählt, um den Zuhörenden Eindruck zu geben von der Schönheit eines barocken Mandolinenstückes und der interpretatorischen Kraft der Instrumente.

Einen kleinen Leckerbissen boten die beiden Solisten noch zusätzlich mit ihrer kurz vorher entstandenen Interpretation des französischen Volksliedes "Sur le pont d'Avignon". Diese Komposition, teils spielerisch zerfließend, teils abstrahiert verfremdet und im letzten Satz mit Sentenzen aus der Marseillaise unterlegt, fand die verblüffte Begeisterung der Zuhörer.

Weiterer Höhepunkt im ersten Teil des Konzertes war eine Bearbeitung der französischen Volksweise "Le sort du Matelot". Franz-Rudolf Kunz hat dieses alte Volkslied, das das Schicksal der fanzösischen Matrosen um 1700 beschreibt, für Mandolinenorchester und Chor in sensibelster Weise bearbeitet. Die Begeisterung der Mitwirkenden, der Sänger des Jugendchores Niederlinxweiler unter Leitung von Rolf Mohr und der jungen Musiker des Mandolinenvereines Urexweiler, übertrug sich spontan auf die Zuhörerschaft. Das Staunen unter den Franzosen fand kein Ende.

Der Streifzug durch die europäische Folklore setzte sich auch im zweiten Teil fort. Neben "Kalinka", Katalanischen Impressionen und "Russisch" bot man den Freunden der Garnison auch ein Potpourri deutscher Volkslieder. Diesmal waren es die Musiker, die überrascht waren als sie feststellten, dass einige deutsche Volkslieder auch im benachbarten Frankreich bekannt sind und so mischten sich die beiden Sprachen zu einem deutsch-französischen Gemeinschaftswerk.

Ganz großen Anklang fand schließlich noch die "Erinnerung an Zirkus Renz" von Gustav Peter. Hier entfachte der Solist am Xylophon, Hermann Kessler, wahre Begeisterungsstürme beim Publikum. Es ging nicht ohne Zugabe ab. Und ganz zum Schluss verlangten die französischen Gäste noch einmal nach der französischen Volksweise "Le sort du Matelot".

Oberst Boquet hatte sich ein besonderes Dankeschön für das Urexweiler Mandolinenorchester und den Jugendchor Niederlinxweiler ausgedacht. Er lud im Anschluss an das Konzert zum kalten Büffet in die Offiziersmesse der Kaserne ein.

Hier fanden sich die beteiligten Musiker mit ihren Gastgebern bei einer herrlichen Auswahl französischer Küche und Strömen blumigen Bordeaux' zu einem Finale, das in eindrucksvoller Weise den Gedanken freundschaftlicher Verbindung zwischen zwei benachbarten Völkern mit Leben füllte.

Im Gespräch mit Dr. Boudier, der sehr zur Freude der Franzosen in ihrer Muttersprache durch den Abend geführt hatte, regte Oberst Boquet eine Wiederholung dieses Abends im kommenden Frühjahr an. Der Vorrat an deutschen und französischen Volksliedern, wechselweise und auch gemeinsam gesungen, war gewiss nicht erschöpft als man sich lange nach Mitternacht von den Kürassieren in St.Wendel verabschiedete.

(ob, Saarbrücker Zeitung, 31.10.1979)
Last modified: Tue Oct 12 22:11:19 CEST 2004